Geschichtliche Abhandlungen
Baesweiler Reyplatz
Der Baesweiler Hof - auch "Heinsberger Hof" genannt
von Hans Kunnes, Baesweiler
Im Jahre 1289 wird der "Hoff zu Baistwilre" erstmals in einer Urkunde erwähnt 1). Als Erwerber tritt das Stift der Prämonstratenserinnen in Heinsberg auf.
Dieser Orden wurde im Jahre 1120 durch den hl. Norbert in Prémontré/Frankreich gegründet. Man nannte den Orden deshalb manchmal nach ihrem Gründer "Norbertiner". Schon im Jahre 1140 ließen sich die Prämonstratenser in Heinsberg nieder und errichteten dort ein Doppelkloster.
Über 500 Jahre war der Orden in Baesweiler mit seiner Hofanlage präsent. Heute erinnert noch der Wappenstein des ehemaligen Propstes Fridericus Baldem (1720 - 1748) vom Kloster in Heinsberg im Rathauseingang/Aachener Straße an diese Zeit.
Durch die militärische Intervention von Frankreich gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde auch in Deutschland die bis dahin geltende Feudalherrschaft beendet. Eine Folge der vom französischen Revolutionsheer siegreich bestrittenen Schlacht bei Aldenhoven im Jahre 1794 war daß auch unsere Heimat unter die Herrschaft von Frankreich geriet. Zu den einschneidensten gesetzgeberischen Maßnahmen der französischen Revolution im Jahr 1789 gehörte neben der Aufhebung des Lehensrechtes die sogenannte "Säkularisation". Das Gesetz vom 2. bis 4. November 1789 brachte die Güter der Kirchen Klöster und Orden in die Hand der Nation .
Die Übernahme der Vermögenswerte in den besetzten deutschen Gebieten regelte der Konsularbeschluß vom 9. Juni 1802. Damit wurden die kirchlichen Güter fast ausnahmslos in weltliche umgewandelt und zum Nationaleigentum erklärt. Sie unterlagen in der Folge den geltenden Bestimmungen über Beschlagnahme Zwangsverwaltung und Veräußerung.
Voraussetzungen für den Eigentumsübergang waren der Abschluß des Friedensvertrages von Lüneville im Jahre 1801 und die Vereinbarung zwischen Napoleon und dem Papst in Rom dem sogenannten Konkordat vom 10. September 1801. Der Papst erklärte darin unter anderem daß sich die Erwerber von Kirchengut "nicht belastet zu fühlen" brauchten.
Die Besatzungsmacht begann im Jahre 1803 mit den Verkäufen der Domainen (Staatsgüter). Nach dem Abzug der Franzosen aus Deutschland im Jahre 1814 trat der Preußische Staat in die Rechtsnachfolge ein. Die Domänenverkäufe wurden dann weiter fortgeführt. Ab dem Jahre 1818 wurden in der Rentei Geilenkirchen die Staatsgüter des ehemaligen Kantons Linnich an Meistbietende versteigert. So kam es am 25. Februar 1819 in Geilenkirchen unter der Nummer VI auch zur Versteigerung des Baesweiler Hofes.
Verlauf des Versteigerungs- und Zuschlagsprotokolls:
"Einsatzpreis 16.527 rhtlr (Sechszehn Tausend fünfhundert sieben und zwanzig Reichstaler) Nro. 6 der öffentlichen Bekanntmachung: Der Baesweiler Hof gelegen in der Gemeinde und Bürgermeisterei Baesweiler Kreis Geilenkirchen; herkommend von dem Norbertiner Kloster zu Heinsberg No. 157 158 189 der Domainen Aufnahme und No. 185 186 und 291 des Hebebuches bestehend in einem Wohnhause Neben-Behausung Scheunen Stallungen Backhaus und circa Ein hundert ein und siebenzig Morgen ein hundert und zehn Ruthen Köllnisch/211 Morgen 27 Ruthen Preußisch Ackerland und Wiesen verpachtet an die Wittib Heinrich Jacob Koch in drei abtheilungen nämlich
a) die Gebäuden mit Ein hundert und dreißig Morgen
Köllnisch/159 Morgen 151 Ruthen Preußisch Ackerland und Wiesen auf neun Jahre vom ersten Januar 1812 an gerechnet laut Contract vom 3ten September 1811 für
344 Thaler 12 Groschen Pfennige 9
b) Siebenzehn Morgen ein hundert zehn und ein halbe Ruthen Köllnisch/ 21 Morgen 145 Ruthen Preußisch Ackerland ebenfalls auf neun Jahre vom 1ten October 1809 an gerechnet laut Contract vom 14ten September 1809 für
42 Thaler
c) und vier und zwanzig Morgen Köllnisch/29 Morgen 91 Ruthen Preußisch Ackerland auf neun Jahre vom ersten October ab laut Contract vom 14ten September 1809 für
55 Thaler 9 Groschen 6 Pfennige
zusammen für
441 Thaler 22 Groschen 1 Pfennige
geschrieben Vier hundert ein und vierzig Thaler zweiundzwanzig Groschen einen Pfennig Grundsteuer zur Last des Pächters.
Das sich im Brauhause befindliche Geschirr wird nicht mitverkauft und acipirirt (empfängt) der Ankäufer nur die Gebäude des Brauhauses.
Nach mehreren Geboten wurde durch WILHELM FINGER Rentner zu Aachen der Preis bis auf Sechszehn Tausend Thaler erhöht und da ein Licht angezündet worden und solches ohne Mehrgeboth erlöscht so wurde der besagte Hof dem gemeldeten Wilhelm Finger für die Summe von Sechs zehn Tausend Thaler und weil die Einsatzsumme nicht erreicht worden unter Vorbehalt der Genehmigung des Königlichen Finanzministers zugeschlagen und hat unterschrieben":
von Fürth Steffens Wilhelm Finger
Königlicher Landrat Domänenrentmeister Ankäufer
Wilhelm Finger wurde nun also Eigentümer des "Baesweiler Hofes" mit einer Größe von insgesamt 211 Preußischen Morgen. Er übertrug später der Gertrud Finger geboren am 11.11.1832 in Büsdorf das Eigentum an dieser Hofanlage. Diese war seit dem 13.11.1866 mit Johann Joseph Hubert Rey verheiratet.
Der Ehemann wurde am 8.12.1826 in Ederen auf dem 1727 erbauten "Forsterhof" geboren. Er entstammte einem alten Geschlecht das über Jahrhunderte auf vielen Höfen in unserer Region als sogenannte "Halbwinner" (Pächter und Verwalter) saß.
Die beiden auf dem Gut Altmerberen geborenen Kinder Fidelis Rey * 16.01.1877 und Regina Rey * 21.05.1879 übernahmen nach dem Tod ihres Vaters im Jahre 1897 den Hof in Baesweiler. Nach dem Tod von Fidelis Rey im Jahre 1929 wurde das Anwesen durch Pächter Karl Wolf verwaltet.
In der Grabanlage der Familie REY auf dem Baesweiler Friedhof sind die Eltern und die Kinder beigesetzt worden:
Josef Rey + 28.12.1897
Gertrud Finger + 18.06.1907
Fidelis Rey + 11.07.1929
Regina Rey + 07.10.1944
Im Jahre 1954 wurde die ehemals geschichtsträchtige Hofanlage abgebrochen. An dieser Stelle entstand der "Reyplatz" genannt nach den letzten Besitzern des Hofes. Der Schlußstein aus dem Hof wurde über der Gaststätte "Baesweiler Hof" an der Außenmauer eingesetzt. Die am Reyplatz befindliche Kreuzigungsgruppe ist eine Stiftung von Regina Rey.
Quellenangaben:
- 1) Urk. Lacomblet II 876
- 2) Urk. NRW-Staatarchiv Düsseldorf